Die Armenspeisung

Die zur Speisung geladenen Bedürftigen möchten ihren Dank abstatten, dass unsere Reichen heute das Füllhorn Ihrer Güte über uns ausleeren und damit ihre Liebe zu den Armen und Bedürftigen kundtun. Es ist schön, dass dieser alte Brauch, freilich in abgeschwächter Form, wiederbelebt wird. Früher war es üblich, die Armen mit Nahrungsmitteln, Kleidung und manchmal Geld auszustatten. Außerdem wurde die Speisung einmal im Jahr durchgeführt. Diese Regelung wurde nach der Vereinigung Baden mit Württemberg aufgegeben. Die Stuttgarter weigerten sich Geld an badische Penner rauszurücken.

Bei der Bekleidung wurde den Bedürftigen nahegelegt sich doch aus schwäbischen Kleidersäcken zu bedienen. Wurde per Dekret der Anbau der Kartoffel zur Armenspeisung durch Friedrich den Großen durchgesetzt, so sind wir die Bedürftigen froh, dass auch Nudeln, Salat und Fleisch die Armentafel bereichert.

Allerdings ist hier von unserer Seite, eben den Bedürftigen, erhöhte Wachsamkeit angebracht. Die Reichen speisen heute die Armen indem sie Lebensmittel, deren Haltbarkeit abgelaufen ist, sogenannten Tafeln oder Suppenküchen zur Verfügung stellen um damit die Kosten der Entsorgung zu minimieren. Haben wir also ein wachsames Auge besonders auf die Fleischration, bei manch leckerem Stück kam unter der Grillhitze der unsichtbare Stempel Gammelfleisch zum Vorschein.

Wer eigentlich ist arm oder bedürftig? Nun ich denke jeder der hier geladenen erfüllt die Vorraussetzungen. Wer nur dreimal im Jahr in Urlaub fahren kann, das Geld in den Aufschwung der Wirtschaft steckte, also in Häuser, Autos, Boote investierte, sich jeden Tag nur eine Flasche Wein leisten kann, der ist doch wirklich arm, zumal er sein Investment auch unterhalten und man höre auch noch versteuern muss. Wir sind also auf die Speisung angewiesen und ein Tag wie dieser stärkt unseren Überlebenswillen. Wir sind froh drei wirklich Reiche in unserer Gruppe zu haben. Doch wer sind sie und wieso sind sie reich?

Nehmen wir Boris mit dem Pseudonym hochstämmiger Bonsei, schon die Chinesen hielten ihn für einen großen Kapitalisten und wollten nicht glauben, dass einem AEG-Angestellten Haus, Schiff und Auto gehört. Sie witterten Unrat und nannten ihn Mistel Klaut, was soviel bedeutete wie Achtung der Herr klaut. Wir vermuten Boris machte sein Vermögen durch seine Kochkünste.
Was ist mit Fidi? Hier sind die Dinge klarer. Er ist eher der Gruppe der Neureichen zuzuordnen, wurde vermögend durch komödiantische Auftritte, Leibrenten, trat mehrere Erbschaften an und bezieht immer noch Gage als ATM-Hofschauspieler. Er stellt seinen Besitz gerne zur Schau; wir sahen ihn mit Diamanten im Ohr, den teuersten Rassehund an der Leine auf der Allensbacher Promenade schaulaufen.
Womit Armin sein Geld macht das riecht man, doch Non olet, Geld stinkt nicht. Armin war seiner Zeit weit voraus. Als andere noch auf Holzvergasung setzten, erkannte er wie wichtig eines Tages human Methan, Sumpfgas, werden sollte. Sein Ziel, jeder sein eigener Treibstoff Erzeuger. Nach vielen aufopferungsvollen Versuchen fand er eine Methode mittels Katheter das erzeugte Gas aufzufangen und einem Verbrennungsmotor zuzuführen. Sorgen bereiteten über Jahre die diskontinuierlich entstehenden Gasmengen. Armin fand hier die Lösung. Jeden Morgen drei Zwiebeln und danach einen Liter Buttermilch erzeugt eine Gasmenge ausreichend für 100 Km, bei mittlerer Geschwindigkeit. Diese inzwischen patentierte Entdeckung führte zur Gründung seiner Fa. Human Gas Outfurzing Gmbh und Co.KG, welche ihm einen luxuriösen Lebenswandel ermöglicht.
Aus den Erläuterungen zu unseren Reichen sollten wir den Schluss ziehen, wir Bedürftigen können frohen Mutes das Geschenk der Speisung annehmen.

Da alle Spender jedoch das 65 Lebensjahr erreicht haben und wir auch aus diesem Grund hier feiern, haben wir für jeden noch ein kleines Präsent mitgebracht. Wir Armen erhalten ja von der Spitalkellerei einmal im Jahr ein Fläschchen Wein oder Sekt zur Stärkung des Immunsystems. So ist es Brauch seit dem Mittelalter. Wir haben uns nun entschlossen diese Püllekens an unsere Wohltäter weiterzugeben, zu gratulieren, und uns ganz herzlich für die Speisung zu bedanken.

Ich darf hier im Namen aller die Püllekens überreichen.

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