Armenspeisung

Ihr ratet’s ja doch nicht, wer vor Euch steht, deshalb hier zwei Halbsätze die auf meine Spur führen

Neben allem anderen ---

Ick wees nich, ob du in der Lage bist ---

Ja fast richtig, aber ich steh heute hier als der letzte Vertreter des ATM-Bauern-Theaters. Einst waren wir eine stolze Truppe, aber wie’s so ist im Leben, einer kam auf den Hund, andere gerieten unter die Kuratel ihrer Frauen. Wir hatten schöne Auftritte mit Pauke, Trompete, Gitarre, wir spielten nicht schön aber laut, wie’s sich halt für ne Bauernmusik gehört und unser Publikum, alles Bauern wie wir, liebte uns.

Was wurde in unsrer Firma nicht für ein Mist produziert - die vergohrenen Assemblate der Warnkes und Wolters stanken doch zum Himmel - was wurde nicht für ein Scheiß geschwätzt – wie viele Produkte landeten im Müll. Wie in jedem Zoo - und wir waren ja die Wilhelma - machten die großen Tiere den meisten Mist, kein Wunder also, dass immer ein Riesenmisthaufen zur Verfügung stand. Wo aber ein Misthaufen, da Bauern nicht weit, denn irgendwer muss ja den Mist unter die Leute bringen. Wir also vom Bauerntheater trugen dazu bei, den Mist etwas literarisch, oft auch satirisch, manchmal musikalisch, aufzubereiten und so zur Umweltverträglichkeit beizutragen.

Nun ergab es sich, daß in Folge der Frühverrentung ein Haufen Mist zurückblieb, den ich hier heute unter die Leute, speziell über den Häuptern der Jubilare verteilen will. Es wird höchste Zeit mal wieder richtig auszumisten.

Wir sind geladen zur Armenspeisung, Vier Jubilare haben sich zusammengetan um uns und sich zu feiern. Das Wort Armenspeisung ist wohl nur ein Deckname erdacht um unsere Erwartungen niedrig zu halten. Wir jedoch wissen, dass die Vorbereitungen zu diesem Ereignis seit einem Jahr laufen. Am schwierigsten gestaltete sich die Finanzierung des geplanten Festes. Ein vermögender Tscherkesse, der in der Vergangenheit als Sponsor so manches Schwabenfest mit finanzierte, hatte diesmal den Geldhahn zugedreht. Ach ja, jetzt müssen wir sagen, dass ja ursprünglich ein schwäbisches Fest geplant war. Wolfgang und Hubert, (wir werden noch auf sie zurückkommen) beide wurden 70, hatten ja seit Jahren Rücklagen für dieses Großereignis gebildet, doch dann investierte der eine diese Rücklage in die Rücklage bajuvarischer Ski-Haserln und der andere büßte das Kapital bei der Soleierherstellung in Abano ein. Was also tun ? In mehreren Festsicherungsbesprechungen konnte man zwei weitere solvente Jubilare mit ins Boot holen. Es war schon immer vermutet worden, Martin Grill, unser Öschi hätte Schwarzgeld im Keller seines Hauses in der Steiermark gebunkert. Von Wolfgang und Hubert ins Gebet genommen (Hubert hatte mit schweren Konsequenzen gedroht) gestand Martin die Missetat und versprach dieses dem deutschen Staat entwendete Kapital für die Rabenfeier einzusetzen.

Ob Gustl Oettl unser vierter Jubilar sich von den martialischen schwäbischen Geldeintreibern beeinflussen ließ - ich glaube eher nein - jedenfalls sagte er zu seine als Weltenbummler gemachten internationalen Währungsreserven mit einzubringen. Seine Worte: Ich bin dabei, aber glaubt ja nicht dass ich dafür zahle, das tun meine Erben. Die schwäbische Komponente der Feier war erleichtert mit Gustl noch einen aus dem Freistaat dabei zu haben - vermutlich dachten sie an den Song die Getränke sind frei.

Nachdem Martin vor lauter Angst und Schrecken auch noch sein Grundstück kostenlos für die Feier zur Verfügung stellte, war auch klenn Boris, der hoch dekorierte Ski-Hütten-Chefkoch von der Firma Gut und Günstig bereit, die Rolle des Chefkochs zu übernehmen.

In zwei weiteren Gesprächsrunden wurde über die Menüfolge diskutiert und auf Boris Vorschlag einigte man sich auf folgendes:

Vorspeise: Salatbuffet frisch aus dem Grillschen Garten

Messer, Essig und Öl werden zur Verfügung gestellt

Hauptgericht: Junges Gemüse im Bambusrock an Brustspitzen mit Lotus

Weine : Kröver Nacktarsch für die Jubilare, Primitivo fürs jemeine Volk

Dessert : Erdbeeren von der Grillschen Plantage mit einem Schuss Nacktarsch

Gustl der gerade seine Afrikareise vorbereitete, wurde beauftragt die Zutaten fürs Hauptgericht mitzubringen. Wie wir sehen oder sehen werden, das Menue musste kurzfristig geändert werden, Gustl kam mit leeren Händen zurück und berichtete es sei schier unmöglich in seinem Alter junges Gemüse einzufangen und auch mit den Brustspitzen war es nichts, er geriet immer nur an leere Patronentaschen.

Kommen wir nun zur Altlastenbeseitigung und schauen uns die Festsäue etwas genauer an, der Mist muss ja heute noch verteilt werden, sonst stinkt es gewaltig.

Hubert

Am Rosenmontag dieses Jahres, das war der 23.02., tat Hubert einen gewaltigen Narrensprung, er sprang vom 7. ins 8. Jahrzehnt. Nun in der Nähe seines Geburtsortes sind solche Narrensprünge nichts außergewöhnliches. Sein altgermanischer Name steht für Verstand, Geist, hell, glänzen - Nomen est omen -In der latin form Hubertus ist er sogar Schutzpatron der Jäger und wird auch als Heiliger verehrt. Als er an einem Donnerstag das Licht der Welt erblickte, ahnte niemand, dass ein kleiner Vollstrecker geboren ward und er dereinst auch auf die Jagd gehen würde. Im Auftrag der Geschäftsleitung jagte er den Vertriebsleuten die bereits ausgefüllten Weihnachtskarten ab und legte sie Theo zu Füßen. Er konnte nicht wissen, dass Horst seine Karten ablieferte, in die Stadt fuhr, neutrale Karten einkaufte, diese verschickte und die Kosten dafür abrechnete. Hubert erntete für diese Aktion den Beinamen Vollstrecker.

Das Jahr 1939 sollte ein schreckliches Jahr werden und zu Huberts Geburtstag erschienen die ersten Judenerlasse. Die weiteren Ereignisse sind bekannt, Italien erobert Albanien, Nichtangriffspakt mit Russland, im September Beginn des zweiten Weltkriegs usw usw. Hubert war also ein echtes Kriegskind, wurde ohne Lebertran dem dicken gelben aufgezogen, vermutlich ist dies der Grund für das später einsetzende weiße Rauschen, jedenfalls musste er so manche Vertriebsbesprechung verlassen, weil er die Stimmen von Fidi und Karle Dreher nicht mehr auseinander halten konnte. Trotz dieses Leidens machte er in unterschiedlichen Positionen keine schlechte Figur. Sein Respekt vor höheren Chargen gekoppelt mit Höhenangst führte jedoch dazu, dass Hubert nie ein richtig hohes Tier wurde sondern in unterschiedlichen Gruppenleiterfunktionen diente. In einer besonders spannenden Episode seines Berufslebens war er als graue Eminenz für Wapler im Einsatz. Eine Handvoll Leute hörte auf sein Kommando, auch Wolfgang Weber war kurzfristig in diese Truppe integriert. Während dieser Zeit kriegte er den Beinamen der Listenreiche, denn seine große Liebe galt der Fehlteilliste. Bemerkenswert mit welchem Eifer er seine BMWs (Beyer, Müller, Wecker) durch alle Lager hetzte um Teile aufzuspüren. Große Befragung in jeder Runde, wann kommt Teil 70.88888888888 ? Müllers stete Antwort ich weischs itte, i weischs wirklich itte brachte Hubert auf die Palme und diese vielen weischs itte auf einem Bladdel für Cooki zusammengefasst, ließ diesen an die Decke gehen.

Im Vertrieb angekommen, lernte Hubert so langsam den aufrechten Gang. Er zuckte zwar immer noch zusammen und seine Nackenhaare sträubten sich vor Entsetzen wenn despektierliche Äußerungen über Vorgesetzte oder gar unsere Hausi Geburtstagshymmne erklang. Von Theo dem Bleichgesicht dazu ausersehen den Vertriebsforecast zu pflegen, war er geduldig und akribisch dabei den Vertriebsleuten die Projekte und die Daten für möglichen Auftragseingang zu entlocken. Manchmal schickte er auch seine Folterwerkzeuge die nordische Kanalratte oder den Mann mit dem unschuldigen Kindergesicht Sütterlin zu uns. Alle drei waren jedes Mal entsetzt, wie leicht der Vertrieb Zahlen aus dem Ärmel schüttelte und im nächsten Monat das Projekt wieder cancelte. Bei so einer Abfrage fiel dann vom Casi stets das Wort ,Ja so ist das Leben, du kriegst nicht jedes Jahr nen Adler mal so eben’.

Dank guter Lehrerin hatte sich Hubert schnell in die PC Technik eingearbeitet und war hier dem Vertrieb überlegen, der mit Mühe seine Kilometerabrechnung am PC frisierte. Dieses früh erworbene Wissen befähigte ihn dazu, im Kreis der alten Raben die Kommunikation untereinander via E-mail zu gewährleisten. Oft tritt er auch als Dolmetscher in Erscheinung, gilt es doch irgendwelchen Gasthörern die Rabenmoritaten verständlich zu machen. Seitdem Hubert mehrere Wochen des Jahres im Abano Orgasmussprudel hockt, ist auch das Thema Sex im Rabengezeter zugelassen. Er kommt dann mit mil-gehärtetem Gemächte aus Italien zurück und hat großes Vergnügen an den Schöllhornschen mail-Darbietungen.

An Huberts Geburtstag wurde in USA der Monumentalschinken ‚Vom Winde verweht’ uraufgeführt - es wurde ein Welterfolg. Auch Hubert sollte es noch als spätberufener Jungfilmer zu Anerkennung und Preisen bringen, so ist er in Filmkreisen und im Internet eine bekannte Persönlichkeit die direkt neben dem Oskarpreisträger Henkel von Donnersmark steht.

Uff Uff - den meisten Mist hab ich nun verteilt. Zum Schluss noch eine Frage:

Was hat Hubert mit Frisösen der 70er Jahre gemeinsam?

Beide fuhren Opel Manta.

Kommen wir zum nächsten Jubilar, hier handelt es sich um einen Vorzeigerentner mit hohem Unterhaltungswert. Braungebrannt und gestylt, könnte er als Akquisiteur bei den Damen eingesetzt werden, er könnte gut als rüstiger Mittfünfziger durchgehen. Die Rede ist von

Wolfgang

Hier haben wir schon zu ATM Zeiten den meisten Mist aufgearbeitet, so dass nur noch ein zwei Forken übrig sind.

Früher kam es vor, dass Wolfgang sich vergaß (er schlug der Hotze die brennende Zigarette aus der Hand, warf das Messer nach unserem Tscherkessen), heute ist er vergesslich. Er attakiert seine ehemaligen Vertriebskollegen und vergisst, dass diese Ihn genährt, gebadet und gekleidet haben. Wenn er heute Solarium gebräunt und wohlgenährt unter uns sitzt, verdankt er das dem Vertrieb.

Neben Dr. Busoffsky tauchte Wolfgang auf jeder Spesenrechnung auf, hier wurde die Grundlage für seine heutige Statur gelegt.

Casi saß regelmäßig mit ihm im Orgasmussprudel, badete ihn und sorgte im Breuningerland dafür, dass Wolfgang mit modischen Hosen beim Schaulaufen im BWB Eindruck schinden konnte.

Doch zurück zu seiner Vergesslichkeit, er ist ja eigentlich ein spendabler Typ (jedenfalls wenn Laydies in der Nähe sind) aber er vergißt immer öfter ein Pülleken zu bestellen, er vergißt die Namen seiner jeweiligen Begleiterinnen und stellt sie uns alle als Barbara vor (früher hatten diese für uns einprägsame Namen z.B. Hamsterbäckchen) und ist dann entsetzt wenn wir seine Ingrid etc. mit Barbara begrüßen.

Manchmal steht er in Bergschuhen mit Rucksack ganz allein am Zoll, schimpft auf die vermutlich sich verspätenden Kollegen und merkt dann nach mehreren Telefonaten, dass er sich im Tag geirrt hat.

Doch ganz schlimm, er vergisst uns seine neuesten amourösen Abenteuer mitzuteilen, so dass wir auf second Hand Geschichten wie der Barfüsslerin angewiesen sind oder zu der Erkenntnis gelangen, es gibt gar keine amourösen Abenteuer mehr.

Soviel zum Wolfgang, der hiermit aufgefordert wird, etwas gegen diese Art Vergesslichkeit zu unternehmen.

Kommen wir zum Senior der Jubilare

Gustl

wurde 80 Jahre, ist immer noch in allen möglichen Weltgegenden unterwegs, wie dieses Jahr in Namibia. Das Alter sollst du ehren, deswegen hier nur eine Forke Mist.

Früher konnte Gustl exzellent mit Pulver umgehen, mit Schwarzpulver sprengte er so manches Loch in den Längerbohl, dank Resi, die immer aufpasste, dass nicht zu viel verpulvert wurde, flog auch nicht der ganze Hügel in die Luft. Auch weltweit hütete er sein Pulver, hielt sicherheitshalber immer mehrere Schuss in Reserve, doch der Vorderlader kam nie zum Einsatz. In jüngster Zeit geht er etwas leichtsinnig mit Pulver um, jedenfalls kam ihm in Barcelona eine Menge Pulver abhanden, vermutlich war es auch Schwarzpulver.

Kommen wir nun zum letzten der beinahe Jubilare

Martin

wird, falls er dies Fest überlebt, am 26. Juni 65 Jahre jung. Falls wir hier nochmal feiern wollen, dürfen wir den Hausherren, dem unser Dank gilt, nicht zu sehr mit Mist beträufeln, und es ist ohnehin so gut wie abgeräumt, ah ja eine Portion ist noch übrig.

Martin wurde aus dem Prüffeld extra abgezogen um im BWB eine Schleimspur zu legen. Wie kein anderer gelang es ihm die oft biestigen BWB Damen mit östereichischem Schmäh zu salben und für eine anstehende Vergabe gefügig zu machen: Ach Frau Löhr-Stracke, sie sind aber eine reizende Person, dieses Lachen und die sanften Augen, ach ja die Augen seh ich ja gar nicht, aber ich hab's mir halt vorgestellt, wissen’s mit Ihna köhnt ich mir so manches vorstellen, seins eigentlich verheiratet, wolln’s noch Kinder, kenn’s mi überhaupt schon ? Sie sollten mi unbedingt kennen lernen.

Hausi entzog Martin dann meistens das Wort. Woher auch immer, er wusste was passiert, wenn man die steirischen Jungs alleine lässt, sie schwängern unsere ditschen Wieber. Ist Österreicher, darf nicht allein gelassen werden, bezieht sich auch auf seine Funktion.

Als Beifahrer, fahrt’s zu, fahrt’s zu, nehmt nicht die Ausfahrt, i kenn mich hier aus, Gubi schaltet GPS aus und verlässt sich auf Öschi Navigation. Es tauchen Hinweisschilder St. Gallen auf. Öschi fragt Gubi mit etwas Schäh Beilage: ist’s möglich, dass die heute die richtige Ausfahrt abgesperrt und die Schilder abmontiert habn. Nun wir landeten an der Furka Autoverladung statt am Grimselstausee. Auch bei der letzten Herbstwanderung fungierte Martin als Gubis Navigator und prompt irrten sie in Gottlieben umher.

Hurra der Mist ist verteilt

Zum Schluss noch eine Bitte an die Jubilare, erzeugt auch weiterhin verwertbaren Mist, denkt immer daran ‚Jeder Hahn ist auf dem eigenen Mist am stärksten’.

Danke fürs Zuhören.

Nun haben wir auch etwas zu übergeben. Es kann als Spülmittel genutzt werden, falls Euch gerade etwas in die falsche Kehle geraten ist

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